Ab 2016 soll es das Girokonto für jedermann geben

Das EU-Parlament in Straßburg hat zum Jahresende 2013 beschlossen, dass künftig keinem Mitbürger mehr ein Girokonto verweigert werden darf. Die noch notwendige Zustimmung aller Mitgliedsstaaten vorausgesetzt, wird es ab 2016 das Girokonto für jedermann geben.

Geschätzte 25 Mio. Verbraucher in der EU denken beim Girokonto nicht an Gebühren, Zinsen oder gar Prämien für Neukunden: Sie wären froh, wenn sie überhaupt ein solches Konto besitzen dürften, denn ihnen wird dieses zur Teilnahme am sozialen Leben nahezu unverzichtbare Produkt schlichtweg verweigert. Am größten ist der Bedarf in Osteuropa; nahezu jeder zweite Bürger in Rumänien oder Bulgarien besitzt kein Girokonto. In Mittel- und Westeuropa kann „nur“ jeder zehnte erwachsene Bürger nicht am bargeldlosen Zahlungsverkehr teilnehmen. Während in 11 EU-Staaten bereits ein verbrieftes Recht auf ein Bankkonto für jedermann besteht, reiht sich die Bundesrepublik Deutschland in die Riege der Länder ein, in denen akuter Handlungsbedarf festzustellen ist: Etwa 670.000 erwachsene deutsche Verbraucher sind derzeit entgegen ihren Wünschen ohne Bankkonto.

Was exakt wurde beschlossen?

Der Mitte Dezember verabschiedete Beschluss sieht vor, dass künftig jeder EU-Bürger das Recht auf ein Basiskonto erhält. Der Begriff „Basiskonto“ deutet allerdings schon darauf hin, dass dieses Konto nicht alle Funktionen eines Girokontos abdecken muss: Der bei den Verbrauchern trotz seiner oft hohen Kosten so beliebte, sofort verfügbare Kleinkredit, der Dispokredit, ist bei diesem Konto nicht vorgesehen. Doch das Girokonto für jedermann wird Bargeldeinzahlungen und -auszahlungen ermöglichen sowie den Zugang zum bargeldlosen Zahlungsverkehr und zum Online-Banking eröffnen. Die Möglichkeit von Kontoüberziehungen ist hingegen nicht vorgesehen.

Ein Blick auf den künftigen Kreis der Berechtigten erklärt diese Einschränkung. Denn weder durch Arbeitslosigkeit noch durch eine negative Schufa-Eintragung oder gar ein beantragtes oder noch laufendes Privatinsolvenzverfahren soll das Grundrecht auf das Bürgerkonto eingeschränkt werden. Zukünftig darf nur bestimmten Straftätern, die sich beispielsweise der Geldwäsche schuldig gemacht haben, oder aber Obdachlosen ein Girokonto verweigert werden.

Ein Anrecht auf das Bürgerkonto soll künftig durch eine wie auch immer geartete Beziehung zu dem Mitgliedsstaat, in dem der Kontoantrag gestellt wird, begründet sein. Das bedeutet für uns, dass nach den Plänen der EU jedem Mitbürger mit deutschem Wohnsitz, jedem, der in Deutschland arbeitet und auch jedem in Deutschland vorstellig gewordenen Asylantragsteller auf Wunsch das eingeschränkte Girokonto zur Verfügung gestellt werden muss.

Details zum Bürgerkonto

Anders als ursprünglich diskutiert muss es sich dabei nicht um ein kostenloses Konto handeln. Der EU-Beschluss ist diesbezüglich wachsweich geblieben; darin ist nur von niedrigen Gebühren zu lesen. Und ebenfalls anders als zuvor angedacht soll nicht nur eine Bank in jedem Mitgliedsstaat das Girokonto für jedermann in ihrer Produktpalette führen. Vielmehr ist vorgesehen, dass alle Banken dieses Konto als Teil ihrer regelmäßigen Geschäftstätigkeit anbieten müssen.

Zur besseren Vergleichbarkeit ist vorgesehen, dass jeder Mitgliedsstaat die Verbraucher auf einer unabhängigen Website über die Höhe der bei den einheimischen Instituten anfallenden Gebühren und Zinsen informiert. Bei den Zinsen kann es sich in diesem Zusammenhang allerdings nur um die selten erhältlichen Habenzinsen auf Sichtguthaben handeln, denn die Möglichkeit zur Kontoüberziehung, der Dispositionskredit, wird ja wie erwähnt beim Girokonto für jedermann nicht im Servicepaket enthalten sein.

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